Hier würden Sie Immobilien sehen, die nach dem Sachwertverfahren bewertet werden.
Volker Binnenböse

Volker Binnenböse

Immobilienexperte

Sachwertverfahren: Verfahren zur Wertermittlung einer Immobilie

Neben dem Ertragswert- und dem Vergleichswertverfahren ist das Sachwertverfahren eine gängige Methode, um den Wert einer Immobilie zu ermitteln. Im folgenden Artikel erfahren Sie, wann das Sachwertverfahren angewendet wird, wie sich der Sachwert einer Immobilie ermitteln lässt und welche Vor- und Nachteile diese Verfahrensweise hat.

  • Das Sachwertverfahren berechnet die Kosten für einen Neubau der Immobilie (Wiederbeschaffungswert).

  • Bodenwert und Gebäudewert werden getrennt ermittelt und anschließend addiert.

  • Grundlage sind pauschale Regelherstellungskosten und regionale Bodenrichtwerte.

  • Abnutzung und regionaler Markt werden durch Abschläge (Alterswertminderung, Marktanpassungsfaktor) berücksichtigt.

  • Finanzämter nutzen bevorzugt das Sachwertverfahren für Steuerberechnungen.

  • Das Sachwertverfahren bewertet nur die Substanz und spiegelt nicht unbedingt den tatsächlichen Marktpreis wider.

Inhaltsverzeichnis:

  1. Was sind Sachwerte?

  2. Was bedeutet der Sachwert bei einer Immobilie?

  3. Was ist das Sachwertverfahren und wie funktioniert es?

  4. Wann und für welche Immobilien eignet sich das Sachwertverfahren?

  5. Wie lässt sich der Sachwert ermitteln? Schritt für Schritt erklärt

  6. Beispielrechnung: Berechnung des Sachwerts

  7. Wie unterscheiden sich Ertragswert- und Sachwertverfahren?

  8. Was sind die Vorteile des Sachwertverfahren?

  9. Was sind die Nachteile des Sachwertverfahren?

  10. Kann ich den Sachwert meiner Immobilie selbst ermitteln?

  11. Steuerberechnung: Warum das Finanzamt das Sachwertverfahren schätzt

  12. Vergleichswert-, Ertragswert- oder Sachwertverfahren: Welches ist optimal?

  13. Sachwertverfahren. Rechner zur Selbstermittlung des Sachwerts

Was sind Sachwerte?

Güter, die ihren Wert auch dann erhalten, wenn der Geldwert sinkt, werden als Sachwerte bezeichnet. Sachwerte sind also wertstabile Vermögenswerte, die nur geringen Schwankungen unterlegen sind. Unter anderem zählen Immobilien oder Edelmetalle zu den Sachwerten.

Was bedeutet der Sachwert bei einer Immobilie?

Der Sachwert einer Immobilie setzt sich aus verschiedenen Werten zusammen:

  • Dem Bodenwert des Grundstücks

  • Den Herstellungskosten für das Gebäude

  • Den Herstellungskosten für die Außenanlagen

Zudem finden das Alter der Immobilie und eventuelle Wertminderungen Berücksichtigung im Sachwert.

Gut zu wissen:

Im Gegensatz zum Vergleichswertverfahren berücksichtigt das Sachwertverfahren keine aktuellen Marktpreise, sondern den Wiederbeschaffungswert der Immobilie.

Wann und für welche Immobilien eignet sich das Sachwertverfahren?

Das Sachwertverfahren ist eine komplexe Wertermittlungsmethode, die Immobiliengutachter anwenden, wenn eine andere Wertbestimmung aufgrund der Immobilienart nicht möglich ist. So ist das Verfahren ideal für Einfamilienhäuser, bei denen es keine vergleichbaren Immobilien gibt, bei Industrie- oder Gewerbeimmobilien oder bei Denkmalschutzimmobilien.

Was ist das Sachwertverfahren und wie funktioniert es?

Das Sachwertverfahren bewertet den Substanzwert einer Immobilie anhand von Herstellungskosten, Alterswertminderung und Marktanpassung – unabhängig von Angebot und Nachfrage.

Das Sachwertfahren ist eines von drei normierten Verfahren zur Immobilienbewertung und wird in den §§ 21 bis 23 der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmowertV) exakt geregelt. Die Methode konzentriert sich, vereinfacht gesagt, auf die Beantwortung der Frage, welche finanziellen Mittel nötig wären, um die zu bewertende Immobilie genauso wieder herzustellen. Im allgemeinen Sprachgebrauch ist daher häufig vom sogenannten Wiederbeschaffungswert die Rede. Dieser grundsätzliche Ansatz erklärt bereits, dass das Sachwertverfahren mit dem Fokus auf Substanz und Qualität die Bedingungen des Marktes, also Angebot und Nachfrage, weitgehend unberücksichtigt lässt.

Um den Wiederbeschaffungswert ermitteln zu können, werden die Herstellungskosten des Gebäudes inklusive der Außenanlagen und Wert des jeweiligen Grundstücks addiert. Da es aber in aller Regel kaum möglich ist, die tatsächlichen Herstellungskosten zu bestimmen, werden im Sachwertverfahren stattdessen die sogenannten Regelherstellungskosten für die Rechnung herangezogen. Das sind normierte Werte, die für Immobilien in ähnlicher Bauweise und mit ähnlicher Ausstattung gängig sind. Das Schema dieser üblichen Werte - festgelegt in der Sachwertrichtlinie 2010 - berücksichtigt diverse Faktoren vom Dach über die Außenwände bis zur Heizung und den Fußböden und ermittelt final einen verbindlichen Quadratmeter-Wert.

Vom so erzielten Ergebnis wird nun noch ein Abschlag subtrahiert, mit dem der Wertverlust der Immobilie durch Abnutzung und Alter abgegolten wird. Per Definition heißt dieser Abschlag: Alterswertminderung. Ganz zum Schluss kommt schließlich noch ein sogenannter Marktanpassungsfaktor ins Spiel und eventuell eine Anpassung mit Blick auf "objektspezifische Besonderheiten". Die korrekte Anwendung der Formel für das Sachwertfahren erfordert eine ausgewiesene Expertise. Das Sachwertverfahren gilt daher unter Fachleuten als das komplizierteste der drei Verfahren zur Immobilienbewertung.

Gut zu wissen:

Der Sachwert einer Immobilie ist in den allermeisten Fällen nicht (!) identisch mit dem Verkehrswert einer Immobilie, weil das Sachwertfahren nur den materiellen Wert der Bausubstanz beurteilt. Es kümmert sich nur marginal um die vorhandene Nachfrage am Markt, die den Verkehrswert wesentlich beeinflusst.

Wie lässt sich der Sachwert ermitteln? Schritt für Schritt erklärt

Die Sachwertermittlung folgt einem festen Schema mit fünf Schritten – von Bodenwert bis Marktanpassung.

Das Sachwertverfahren ist komplex und erfordert daher eine gehörige Portion Sachverstand. Es sind mehrere Berechnungsschritte nötig, um das Sachwertverfahren korrekt anzuwenden.

Beispielrechnung

Sachwertverfahren Schritt 1: Berechnung des Bodenwerts

Zum Start der Berechnung ermittelt der Sachverständige zunächst den Bodenwert. Das ist der Wert des puren Grundstücks, also ohne die Immobilien, die darauf stehen. Elementarer Faktor für diesen Rechenteil ist der sogenannte Bodenrichtwert. Er gibt den durchschnittlichen Quadratmeterpreis von Grundstücken in einer bestimmten, klar umgrenzten Region einer Gemeinde an und wird von den örtlichen Gutachterausschüssen bestimmt. Für gewöhnlich aktualisieren die Ausschüsse die Werte im Turnus von zwei Jahren.

Die Gutachterausschüsse orientieren sich bei ihrer Wertfindung zum einen an den Kaufpreissammlungen der in jüngster Zeit erfolgten Grundstücksverkäufe, zum anderen aber auch grundlegenden Charakteristika wie Erschließungszustand, Größe und Nutzbarkeit des Grundstücks. Die Ergebnisse ihrer Arbeit veröffentlichen die Gutachterausschüsse in öffentlichen Bodenrichtwert-Tabellen und -Karten. Sie können die Werte jederzeit über das Online-Portal BORIS-D für Ihre Wohnadresse einsehen.

Die Formel für den Bodenwert ist daher recht einfach:
Grundstücksfläche x Bodenrichtwert je m² = Bodenwert

Sachwertverfahren Schritt 2: Ermittlung der Gebäudeherstellungskosten

Bei der Berechnung der Herstellungskosten der Immobilie greift das Sachwertverfahren, wie erwähnt, nicht auf die tatsächlichen Aufwendungen zurück, sondern orientiert sich an den Regelherstellungskosten, gelegentlich auch Normalherstellungskosten genannt. Diese müssen nicht für jedes anstehende Sachwertverfahren neu bestimmt werden, dafür gibt es eine ganze Reihe von speziellen Tabellen und Listen. Gesonderte Kategorien existieren beispielsweise für

  • freistehende Ein- und Zweifamilienhäuser

  • Doppelhäuser,

  • Reihenhäuser

  • Reihenmittelhäuser

  • Mehrfamilienhäuser

  • Büro- und Schulgebäude

  • und weitere.

Je nach Gebäudetyp variieren die Regelherstellungskosten nicht unbeträchtlich: So kann der Quadratmeterpreis bei einem einfachen Reihenmittelhaus bei moderaten 520 Euro liegen, während ein Bungalow mit 1.880 Euro zu Buche schlägt.

In die Berechnung der Normalherstellungskosten fließen zudem die Nutzbarkeit von Kellern und Dachböden ein, außerdem die Qualität von Außenwänden, Fenstern und Fußböden. Für Extra-Ausstattungen existieren weitere Spezialtabellen. Vermutlich verstehen Sie bereits an dieser Stelle, warum das Sachwertverfahren als recht komplex eingestuft wird: Für jede Immobilie muss aus den vorhandenen Tabellen und Listen der entsprechende Wert extrahiert und nach einem festgelegten Schema gewichtet werden. Ist diese Arbeit vollbracht, kommt die wiederum recht simpel Formel zur Anwendung:

Regelherstellungskosten je m² x Bruttogrundfläche = Gebäudeherstellungskosten

Bitte beachten Sie:

Zur Bruttogrundfläche gehören alle nutzbaren (Grund-)Flächen einer Immobilie. Hat Ihr Haus zum Beispiel zwei Etagen, einen Dachboden und einen Keller, so müssen Sie die Quadratmeter aller Ebenen addieren, um im Ergebnis Ihre Bruttogrundfläche zu erhalten.

Sachwertverfahren Schritt 3. Berechnung des Gebäudesachwerts

Soll eine Immobilie nach den Sachwertverfahren bewertet werden, so ist sie in aller Regel nicht gerade frisch gebaut, sondern existiert bereits etwas länger. Die Bausubstanz hat je nach Alter bereits einiges mitgemacht und zeigt "Gebrauchsspuren". Diese Abnutzung wird über die Alterswertminderung "eingepreist". Dazu zunächst eine kleine Erklärung.

Der Gesetzgeber unterstellt bei der fiskalischen Bewertung und auch bei anderen Gelegenheiten, dass Einfamilienhäuser, aber auch Eigentumswohnungen, bei sogenannter "ordnungsgemäßer Bewirtschaftung" eine "Lebenserwartung" von 80 Jahren haben. Im Amtsdeutsch heißt das: Gesamtnutzungsdauer von 80 Jahren. Unter "Restnutzungsdauer" wird analog die Zeit verstanden, die herauskommt, wenn Sie das Gebäudealter von den besagten 80 Jahren abziehen. Pauschal geht das Sachwertverfahren von einer Alterswertminderung von linear 1,25 Prozent pro Jahr aus. Aber, Sie vermuten zurecht: Auch für diesen pauschalen Wert gibt es wiederum Punkte-Listen in einem Bewertungsschema, die eine prozentuale Reduzierung bewirken, beispielsweise wenn Sie umfangreiche Modernisierungen an Ihrem Haus vorgenommen haben. Die Sachwertrichtlinie für das Sachwertverfahren räumt dem Gutachter dabei einen gewissen Spielraum ein, das Gebäudealter zu "modifizieren".

Grundsätzlich gilt final jedoch die Formel:
Gebäudeherstellungskosten - Alterswertminderung = Gebäudesachwert

Sachwertverfahren Schritt 4: Ermittlung des vorläufigen Sachwerts

Schritt 4, die Berechnung des vorläufigen Sachwerts, ist der einfachste im ganzen Sachwertverfahren - weil einfach nur die Ergebnisse der vorherigen Rechnungen, der Bodenwert und der Gebäudesachwert, addiert werden müssen.

Die schlichte Formel dazu:
Gebäudesachwert + Bodenwert = vorläufiger Sachwert

Sachwertverfahren Schritt 5: Berechnung des tatsächlichen Sachwerts

Bis hierher war es für die Bewertung einer Immobilie nach dem Sachwertverfahren relativ gleichgültig, ob das Haus in einer dörflichen Region mit 10.000 Einwohnern oder im Herzen einer Metropole stand. Eine solche Vereinheitlichung kann natürlich nicht zielführend sein. Deshalb führt das Sachwertverfahren über den sogenannten Marktanpassungsfaktor, auch Sachwertfaktor genannt, eine abschließende Korrektur des vorläufigen Sachwerts durch. Die Anwendung ist im Bewertungsgesetz (§ 189 Abs. 3 BewG) und in der Sachwertrichtline vorgeschrieben. Und: Seit der gesetzlichen Neuregelung des Bewertungsgesetzes zum 1. Januar 2023 kommt mit dem sogenannten Regionalfaktor ein weiteres Korrektiv ins Spiel. Aber der Reihe nach.

Der Marktanpassungsfaktor/Sachwertfaktor berücksichtigt, zumindest tendenziell, die jeweilige Marktdynamik und wird ebenfalls von den Gutachterausschüssen festgelegt. Er ist nicht nur von Bundesland zu Bundesland verschieden, sondern eben auch von Stadt zu Stadt, beziehungsweise gar von Stadtteil zu Stadtteil und natürlich von Gebäudetyp zu Gebäudetyp.

Sehr, sehr pauschal und hier nur zu Veranschaulichungszwecken aufgeführt, gilt die Faustregel:

  • Bei hoher Nachfrage, also bevorzugt in Städten und Ballungsräumen, steigt der Sachwert und der Sachwertfaktor ist stets größer als eins.

  • Bei verhaltener bis schwacher Nachfrage sinkt auch der Sachwert und der Marktanpassungsfaktor liegt in strukturschwachen und/oder dünnbesiedelten Regionen daher unter eins.

Der Regionalfaktor ist seinem Wesen nach ein weiterer Marktanpassungsfaktor, der vor allem in boomenden Regionen für eine spürbare Erhöhung des Sachwerts sorgt. In 2024 lag der Regionalfaktor für München beispielsweise bei 1,52, für Hamburg sogar bei 1,75.

Am Rande: Die Neuregelung der beiden Marktanpassungsfaktoren im Sachwertverfahren, beziehungsweise ihre Verankerung im Bewertungsgesetz und in der Immobilienwertermittlungsverordnung, sorgt seit dem 1. Januar 2023 auch dafür, dass der Fiskus höhere Erbschafts- und Schenkungssteuer-Bescheide verschickt. Wobei die Steuern selbst nicht erhöht wurden. Aber durch die gestiegenen Sachwerte reichen die ebenfalls unverändert gebliebenen Freibeträge immer seltener für eine Steuerbefreiung aus.

Nach dieser Bereinigung der Werte sieht das Sachwertverfahren final noch die Berücksichtigung sogenannter "objektspezifischer Besonderheiten" vor, die in einem weiteren Marktanpassungsfaktor zusammengefasst werden. Zu diesen Kennzeichen gehören etwa:

  • Baumängel, beziehungsweise Bauschäden,

  • wirtschaftliche Überalterung,

  • ein überdurchschnittlich guter Erhaltungszustand

Das endgültige Resultat ergibt sich so aus der Formel:
Vorläufiger Sachwert x Marktanpassungsfaktoren = endgültiger Sachwert

Beispielrechnung: Berechnung des Sachwerts

Anhand eines Einfamilienhauses zeigt dieses Rechenbeispiel Schritt für Schritt die Anwendung des Sachwertverfahrens.

Wie das Sachwertverfahren in der Praxis zu einem tragfähigen Ergebnis kommt, erläutern wir Ihnen folgend an einem Beispiel.


Wir nehmen ein 400 m2 großes Grundstück an, das Einfamilienhaus darauf hat eine Bruttogrundfläche von 180 m2 und ist 10 Jahre alt.

Hinweis:

Sie möchten wissen, wie viel Ihre Immobilie aktuell wert ist? Mit dem Homeday-Immobilienwertrechner erfahren Sie es kostenlos und unverbindlich.

1. Berechnung des Bodenwerts

Das Bodenrichtwertinformationssystem Deutschland BORIS-D, das Sie auch online einsehen können, weist für den Standort einen Bodenrichtwert von 200 Euro je m² aus. Es ergibt sich entsprechend der Formel:

Grundstücksfläche x Bodenrichtwert je m² = Bodenwert
400 m² x 200 Euro je m² = 80.000 Euro

2. Ermittlung der Gebäudeherstellungskosten

Das Sachwertverfahren greift bei der Ermittlung der Herstellungskosten nicht auf die tatsächlichen Aufwendungen zurück, was vielfach auch schlicht nicht möglich wäre, sondern setzt die Regelherstellungskosten für den Gebäudetyp aus dem jeweiligen Baujahr an. Dabei werden die Qualität der Materialien und die Ausführung der Arbeiten durch Punkte aus standardisierten Listen gewürdigt. Im konkreten Fall ergeben sich Normalherstellungskosen von 1.100 Euro je m². Die Rechnung lautet folglich:

Regelherstellungskosten je m² x Bruttogrundfläche = Gebäudeherstellungskosten
1.100 Euro je m² x 180 m² = 198.000 Euro

Der Wert der Außenanlagen auf dem Grundstück wurde vorab pauschal mit 2.500 Euro taxiert, die nun den Gebäudeherstellungskosten zugeschlagen werden, woraus sich der folgende Betrag ergibt:

198.000 Euro + 2.500 Euro = 200.500 Euro

3. Berechnung des Gebäudesachwerts

Da die Immobilie in zehn Jahren Wind und Wetter getrotzt hat und außerdem bewohnt wurde, hat sie zwangsläufig eine gewisse Abnutzung erfahren. Sehr pauschal geht der Gesetzgeber davon aus, dass Einfamilienhäuser 80 Jahre lang bewohnbar sind - und währenddessen in jedem Jahr 1,25 Prozent ihres Wertes verlieren. Bei zehn Geburtstagen liegt die Alterswertminderung daher bei 12,5 Prozent. Folgen wir weiter den im Sachwertfahren vorgesehenen Ablauf, so erhalten wir das Resultat:

Gebäudeherstellungskosten - Alterswertminderung = Gebäudesachwert
200.500 Euro - 12,5 % Alterswertminderung = 175.438 Euro

4. Ermittlung des vorläufigen Sachwerts

Nun ist es recht einfach:

Gebäudesachwert + Bodenwert = vorläufiger Sachwert
175.438 Euro + 80.000 Euro = 255.438 Euro

5. Berechnung des tatsächlichen Sachwerts

Das Sachwertverfahren hat bis hierher die Lage, beziehungsweise den Standort der Immobilie völlig außer Acht gelassen. Zwar ist es erklärtes Ziel dieser Bewertungsmethode den reinen Wiederherstellungswert der Immobilie ermitteln zu wollen, das regionale Umfeld kann dabei gleichwohl nicht gänzlich ignoriert werden. Über das Vehikel der Marktanpassungsfaktoren wird daher der vorläufige Sachwert dahingehend korrigiert. Die Marktanpassungsfaktoren werden von den Gutachterausschüssen der jeweiligen Gemeinde ermittelt und differieren daher von Stadt zu Stadt oder bisweilen auch schon von Stadtteil zu Stadtteil. Das Haus, das hier mit dem Sachwertverfahren bewertet wird, liegt in einer Gegend mit einer vergleichsweise ausgeglichenen Balance von Angebot und Nachfrage und kommt daher auf einen in Summe moderaten Marktanpassungsfaktor von 1,1. Das finale Resultat sieht so aus:

Vorläufiger Sachwert x Marktanpassungsfaktoren = tatsächlicher Sachwert
255.438 Euro x 1,1 = 280.982 Euro

Wie unterscheiden sich Ertragswert- und Sachwertverfahren?

Das Ertragswertverfahren ist perfekt geeignet, wenn es um die Bewertung einer vermieteten Immobilie geht, mit der der Eigentümer eine Rendite erzielt. Genau wie beim Sachwert ist der Bodenwert Bestandteil der Berechnung. Anders als beim Sachwert wird der Gebäudewert jedoch auf Grundlage des Ertrages und nicht auf Basis der Herstellungskosten berechnet.

Was sind die Vorteile des Sachwertverfahrens?

Die Sachwertermittlung ist eine objektive Bewertungsmöglichkeit und bietet verschiedene Vorteile:

  • Immobilien, bei denen Vergleichs- oder Ertragswertverfahren nicht möglich sind, lassen sich so bewerten

  • Gut geeignet für Ein- oder Zweifamilienhäuser in ländlichen Regionen

  • Ideal für Gewerbeimmobilien

  • Basiert auf der Bausubstanz einer Immobilie

  • Anpassung an die aktuelle Marktsituation möglich

Was sind die Nachteile des Sachwertverfahrens?

Den Vorteilen stehen verschiedene Nachteile gegenüber:

  • Äußerst komplexe Immobilienbewertung, die nur mit Beauftragung eines Gutachters möglich ist

  • Beurteilung der Bausubstanz kann nur ein Profi übernehmen

  • Für moderne Immobilien wie Passivhäuser gibt es keine Daten, die als Grundlage verwendet werden können

  • Das aktuelle Marktgeschehen wird nicht ausreichend in die Bewertung einbezogen

Kann ich den Sachwert meiner Immobilie selbst ermitteln?

Eine grobe Schätzung ist möglich – doch für zuverlässige Ergebnisse empfiehlt sich professionelle Unterstützung.

Das vorhergehende Beispiel zeigt, dass es sich beim Sachwertverfahren um eine sehr aufwendige Methode der Wertermittlung handelt. Auch wenn Sie als Laie eine überschlägige Berechnung vornehmen können, empfiehlt sich die Zusammenarbeit mit einem Profi, der die Bausubstanz genau einschätzen kann und auch das aktuelle Marktgeschehen in die Bewertung einfließen lässt. Wenn Sie den Wert Ihrer Immobilie für einen geplanten Verkauf erfahren möchten, hilft Ihnen idealerweise ein Immobilienmakler bei der Wertermittlung. Die erfahrenen Homeday-Makler aus Ihrer Region bewerten Ihre Immobilie bei einem Vor-Ort-Termin kostenlos und unverbindlich. Eine grobe Einschätzung Ihres Immobilienwerts erhalten Sie auch ohne Termin mit unserem ebenfalls kostenlosen und unverbindlichen Online-Immobilienwertrechner:

Steuerberechnung: Warum das Finanzamt das Sachwertverfahren schätzt

Das Finanzamt bevorzugt das Sachwertverfahren, weil es standardisiert, leicht nachvollziehbar und rechtssicher ist.

Finanzamt


Im Grundsatz kann das Finanzamt bei der Bewertung von Immobilien und Grundstücken auf die drei anerkannten Verfahren Vergleichswert-, Ertragswert- und Sachwertverfahren zurückgreifen. Das ist in § 182 des Bewertungsgesetzes (BewG) explizit so vorgesehen. Warum der Fiskus bei bebauten und gemischt genutzten Grundstücken jedoch bevorzugt das Sachwertverfahren anwendet, hat zwei einfache Gründe: Zum einen können die für die Berechnung des Sachwerts nötigen Daten wie der Bodenwert und der Gebäudesachwert, die erforderliche Expertise vorausgesetzt, recht unproblematisch aus vorhandenen Tabellen und Listen ermittelt werden. Kein Finanzbeamter muss seinen Stuhl verlassen, um eine Immobilie vor Ort in Augenschein zu nehmen.
Zum anderen ermöglicht das Sachwertverfahren die im Bewertungsgesetz ausdrücklich erlaubte "typisierte Bewertung" von Immobilien und Grundstücken. Dieser Umstand diente schlussendlich auch als Argumentation für die Anwendung im Rahmen der großen Grundsteuerreform 2025. Der Gesetzgeber hat dabei das Konzept einer Ermittlung des tatsächlichen Verkehrswerts von 36 Millionen Grundstücken ausdrücklich verworfen - weil dieser Kraftakt von den Finanzämtern schlicht nicht zu stemmen gewesen wäre. Das Bewertungsgesetz - und mit ihm das flächendeckend angewandte Sachwertverfahren - favorisiert so eine quasi vereinfachte Pauschalierung gegenüber einer präzisen Einzelfallgerechtigkeit.

Weil dem so ist und der Fiskus auch bei der Veranlagung zur Erbschafts- und Schenkungssteuer vorrangig das Sachwertverfahren nutzt, konnten Sie bislang schon - bei Erbschaft und Schenkung - Widerspruch gegen Ihren Steuerbescheid einlegen. Mit einem gerichtsfesten, also von einem zertifizierten Sachverständigen angefertigten, Gutachten können Sie jederzeit verlangen, dass der von diesem ermittelte, tatsächliche Verkehrswert der Immobilie als Basis für die Berechnung von Erbschafts- oder Schenkungssteuer angesetzt wird - und der Fiskus seine ursprüngliche Bewertung korrigiert.

Der Bundesfinanzhof hat die Finanzämter nach Inkrafttreten der Grundsteuerreform, quasi posthum, angewiesen, den Nachweis niedriger Grundsteuerwerte im Einzelfall ebenfalls zu zulassen.

Gut zu wissen:

Die Wertermittlung durch das Sachwertverfahren kann auch für steuerliche Zwecke, wie die Erbschafts- oder Grundsteuer, eine wichtige Grundlage sein.

Vergleichswert-, Ertragswert- oder Sachwertverfahren: Welches ist optimal?

Welches Verfahren sinnvoll ist, hängt von Immobilienart und Nutzung ab – ein Vergleich zeigt die Unterschiede.

Welches Verfahren im konkreten Fall das beste ist, lässt sich nicht pauschal sagen, sondern hängt vielmehr von der Nutzung der Immobilie und den vorhandenen Marktdaten ab.

Das Vergleichswertverfahren punktet unzweifelhaft bei selbstgenutzten Immobilien, für die es viele Vergleichsobjekte gibt. Weil es sich an tatsächlichen Kaufpreisen orientiert, spiegelt es sehr gut die aktuellen Marktbedingungen und ermittelt so einen sehr verlässlichen Verkehrswert der Immobilie - der als Basis für einen angemessenen Verkaufspreis dienen kann. Es funktioniert dagegen nicht, wenn keine oder kaum vergleichbare Verkaufsdaten aus jüngerer Zeit vorliegen.

Das Ertragswertverfahren fokussiert sich weniger auf den eigentlichen Wert der Immobilie als vielmehr auf die Rendite, die mit ihr erreicht werden kann. Es ist seinem Wesen nach daher auf vermietete Immobilien oder Gewerbeimmobilien zugeschnitten. Das Ertragswertverfahren liefert aussagekräftige Daten für Kapitalanleger, kann allerdings nur bedingt stärkere Ausschläge am Mietmarkt der Zukunft berücksichtigen.

Das Sachwertverfahren gibt bevorzug Aufschluss über den materiellen Wert einer Immobilie. Dieser ist hingegen nur in Ausnahmefällen mit dem Verkehrswert der Immobilie identisch. Das Sachwertverfahren eignet sich daher ausdrücklich nicht dazu, um einen realistischen Verkaufspreis zu ermitteln. Gleichwohl erlaubt es die Einschätzung des Sachwerts auch von außergewöhnlichen oder Denkmalschutz-Immobilien.

Sachwertverfahren. Rechner zur Selbstermittlung des Sachwerts

Online-Rechner liefern nur grobe Richtwerte – das komplexe Sachwertverfahren erfordert Erfahrung und Präzision.

Aus dem Dargestellten sollte deutlich geworden sein, dass das Sachwertverfahren in seiner Anwendung überaus kompliziert ist. Vor allem bei den Marktanpassungsfaktoren können kleinste Fehler zu sehr großen Unterschieden im Ergebnis und damit zu einem "falschen" Sachwert führen. Grundsätzlich stoßen Laien beim Sachwertverfahren schnell an ihre Kompetenzgrenzen. Gleichwohl gibt es im Netz Rechner, die ausdrücklich das Sachwertverfahren favorisieren. Bitte beachten Sie, dass diese Rechner immer nur einen ungefähren Näherungswert liefern können, der niemals eine echte Wertermittlung nach dem Sachwertverfahren ersetzen kann. Belastbare und akkurate Aussagen können nur erfahrene und versierte Experten liefern.

Wenn Sie den Wert Ihrer Immobilie kennen möchten, weil Sie über kurz oder lang einen Verkauf planen, ist es ohnehin sinnvoller, einen Online-Rechner zu nutzen, dessen Algorithmus auf dem Vergleichswertfahren basiert. So erhalten Sie direkt eine Angabe zum Verkehrswert Ihrer Immobilie. Der Homeday-Rechner berücksichtigt bei der ersten Einschätzung bereits die Marktbedingungen rund um Ihre Immobilie und liefert daher ein vergleichsweise veritables Ergebnis. Trotzdem: Auch in diesem Fall sollten Sie niemals auf eine fundierte Wertermittlung Ihrer Immobilie mit Vor-Ort-Besichtigung verzichten. Ein erfahrener Homeday-Makler übernimmt das kostenlos für Sie.

Sachwertverfahren – FAQ

FAQ
Was ist das Sachwertverfahren?

Das Sachwertverfahren ist eine komplexe Methode zur Wertermittlung einer Immobilie. Genaue Regelungen zur Anwendung liefert die Immobilienwertermittlungsverordnung. Lesen Sie hier mehr zum Sachwertverfahren

Was bedeutet der Sachwert einer Immobilie?

Der Wert setzt sich aus dem Bodenwert und dem Gebäudewert zusammen, der sich aus dem Alter der Immobilie und den Herstellungskosten der Immobilie ergibt. Berücksichtigung finden zudem die Nutzungsdauer und das Alter des Gebäudes. Hier mehr dazu erfahren, wie Sie den Sachwert einer Immobilie berechnen

Wann wird das Sachwertverfahren angewendet?

Das Sachwertverfahren nutzen Gutachter beispielsweise in ländlichen Regionen, wenn es keine vergleichbaren Immobilien für eine Markteinschätzung gibt. Auch bei Gewerbeimmobilien ist die Methode gängig.

Wie funktioniert das Sachwertverfahren?

Das Sachwertverfahren zielt darauf ab, den materiellen Wert einer Immobilie zu ermitteln, also quasi das, was landläufig als Wiederbeschaffungswert bezeichnet wird. Dazu müssen folglich die Herstellungskosten des Gebäudes und der Bodenwert addiert werden. Da sich die tatsächlichen Ausgaben für die Errichtung eines Hauses oft nicht mehr herausfinden lassen, werden normierte Werte, die sogenannten Regelherstellungskosten, für die Rechnung verwendet. Für das jeweilige Alter der Immobilie wird eine prozentuale Alterswertminderung veranschlagt. Das Sachwertverfahren berücksichtigt die jeweiligen Marktbedingungen nur marginal durch final eingesetzte Marktanpassungsfaktoren.

Wann wird das Sachwertverfahren bei der Grundsteuer angewendet?

Der Fiskus nutzt das Sachwertverfahren für die Festsetzung der Grundsteuer bei folgenden Grundstücksarten: Bei Geschäftsgrundstücken und Teileigentum sowie bei gemischt genutzten Grundstücken, auf denen Wohn- und Geschäftshäuser stehen, wenn der Wohnflächenanteil zwischen 20 und 80 Prozent liegt, außerdem bei sonstigen bebauten Grundstücken.

Was ist höher - der Sachwert oder der Verkehrswert?

Das kommt darauf an. Eine hochwertig und massiv erbaute Villa in Top-Zustand hat ohne Frage einen hohen Sachwert. Steht sie jedoch in einer Region mit so gut wie keiner Nachfrage, liegt ihr Verkehrswert deutlich darunter. Umgekehrt kann ein älteres Haus mit sanierungsbedürftigem Dach einen bescheidenen Sachwert, jedoch einen ungleich höheren Verkehrswert haben - einfach, weil es in der stark nachgefragten, beliebten Wohnlage einer Metropole steht.

Wie berechnet das Finanzamt den Sachwert?

Das Finanzamt orientiert sich im Wesentlichen an der Formel, die für das Sachwertverfahren maßgeblich ist: Sachwert = (Gebäudesachwert + Bodenwert) x Marktanpassungsfaktor. Aber: "im Wesentlichen" bedeutet, dass der Fiskus den variablen Marktanpassungsfaktor durch eine sogenannte Wertzahl ersetzt, die in der Anlage 43 des Bewertungsgesetzes vorgegeben ist. Sie richtet sich nach der Höhe des vorläufigen Sachwerts.

Was ist der Unterschied zwischen Sachwert- und Vergleichswertverfahren?

Der größte Unterschied zwischen den beiden anerkannten Verfahren zur Immobilienbewertung liegt darin, dass das Vergleichswertfahren den Verkehrswert einer Immobilie zum Ergebnis hat. Also den monetären Wert, für den ein Haus oder eine Wohnung unter den aktuellen Bedingungen von Angebot und Nachfrage am Markt verkauft werden könnte. Das Sachwertverfahren lässt die Marktdynamik dagegen weitgehend außer Acht und fokussiert sich auf den rein materiellen, den Wiederbeschaffungswert einer Immobilie. Der so ermittelte Sachwert bedeutet nicht, dass das Haus oder die Wohnung zu diesem Preis auch verkauft werden könnte.

Themengebiet: Immobilienbewertung

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass unsere Ratgeber-Antworten, -Artikel und Musterdokumente keine Rechts-, Steuer- oder Finanzberatung darstellen oder ersetzen können. Für Klärung Ihrer rechtlichen bzw. finanziellen Angelegenheiten bitten wir Sie, entsprechende Experten (z. B. Rechtsanwälte, Steuerberater bzw. Finanzberater) hinzuzuziehen. Trotz großer Sorgfalt und gewissenhafter Recherche können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Wir freuen uns und sind dankbar über entsprechende Hinweise, welche wir versuchen, zeitnah umzusetzen.

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