Was bedeutete die zunächst geltende Wohnimmobilienkreditrichtlinie für Verbraucher in der Praxis?
Die Wohnimmobilienkreditrichtlinie machte bzw. macht sich in der Praxis wie folgt bemerkbar:
Der Kreditgeber ist verpflichtet, den Antragsteller umfassend über die Kreditaufnahme zu beraten und ihm die Klauseln des Kreditvertrags zu erklären.
Damit der Kreditgeber den Verbraucher entsprechend beraten kann, ist bereits bei der Vertragsanbahnung die spätere Art des Vertrags festzulegen.
Der zukünftige Kreditnehmer muss durch Unterzeichnung zweier Merkblätter bestätigen, dass er über die Risiken einer Immobilienfinanzierung beziehungsweise Baufinanzierung aufgeklärt wurde.
Bei der Vergabe von Immobilienkrediten benötigt der Kreditvermittler eine Erlaubnis nach § 34i Gewerbeordnung.
Der Kreditnehmer hat der Bank seinen Rentenbescheid vorzulegen.
Banken gewähren seltener einen Kredit mit einem Tilgungssatz unter 2 Prozent. Mit der hohen Tilgung soll erreicht werden, dass der Kreditnehmer das Darlehen schnell zurückzahlt.
Um sicherzugehen, dass der Kreditnehmer das Darlehen auch unter geänderten Lebensumständen zurückzahlen kann, ist bei der Vergabe des Kredits neben dem aktuellen Einkommen auch die zukünftige Lebenssituation des Kreditnehmers relevant.
Welche Fragen spielten bei der Kreditvergabe eine Rolle?
Wer nach Einführung der ersten Fassung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie einen
Kredit
aufnehmen wollte, musste sich in einem Beratungsgespräch einer eingehenden Prüfung stellen. Dabei waren vor allem diese Fragen von entscheidender Bedeutung. (Einige von ihnen sind noch immer Teil der Kreditwürdigkeitsprüfung):
Wieviel verdient der Antragsteller?
Wie alt ist der Antragsteller? Ist er als Kreditnehmer in der Lage,
das Darlehen während der vorgesehenen Laufzeit zurückzuzahlen?
Welche Lebensplanung hat der Antragsteller? Plant er, eine Familie zu gründen, sodass mit Verdienstausfällen zu rechnen ist?
In welcher Branche ist der potentielle Kreditnehmer tätig? Bleibt sein Einkommen auf dem bisherigen Niveau?
Wie entwickelt sich der Wert der Immobilie in der Zukunft voraussichtlich?
Für wen hat es die Wohnimmobilienkreditrichtlinie erschwert, einen Kredit zu bekommen?
Drei verschiedene Personengruppen hatten oder haben es durch die Wohnimmobilienkreditrichtlinie schwerer, einen Kredit zu erhalten:
Rentner
Junge Familien
EU-Bürger aus dem Nicht-Euro-Raum
Was bedeutete die Wohnimmobilienkreditrichtlinie konkret für Rentner?
Das Alter der potentiellen Kreditnehmer spielte für Kreditinstitute bei ihrer Entscheidung eine wesentliche Rolle: Nur wenn sichergestellt war, dass der oder die Antragsteller das Darlehen noch zu Lebzeiten zurückzahlen können, gewährten sie einen Kredit. Grundlage war dabei die statistische Lebenserwartung. Damit haben die Vorgaben der ersten Version der Wohnimmobilienkreditrichtlinie besonders älteren Rentnern die Kreditaufnahme erschwert.
Die Finanzierung einer Immobilie war für Ältere buchstäblich ausgeschlossen. Selbst wer seine Immobilie im Rentenalter modernisieren wollte, hatte kaum Chancen, dafür einen Kredit zu erhalten.
Was bedeutete die Wohnimmobilienkreditrichtlinie für junge Familien?
Auch junge Familien, die sich den Wunsch vom eigenen Heim erfüllen wollten, hatten es wegen der durch die Wohnimmobilienkreditrichtlinie vorgeschriebene Kreditwürdigkeitsprüfung schwer, einen entsprechenden Kredit zu erhalten. Banken bezogen etwaige Verdienstausfälle durch Elternzeit immer in ihre Berechnungen mit ein. Wer als Antragsteller nicht belegen konnte, dass er die Annuitäten für ein Darlehen langfristig zahlen kann, bekam keinen Kredit – ein Problem vor allem für junge Familien, bei denen die
Familienplanung noch nicht abgeschlossen war.
Was bedeutete die Wohnimmobilienkreditrichtlinie für Immobilienkäufer aus dem Ausland?
Die Wohnimmobilienkreditrichtlinie hat auch Auswirkungen auf ausländische Immobilienkäufer, die in Deutschland einen Kredit aufnehmen wollen. Denn die Kreditrichtlinie sieht eine Haftung der Banken für Fremdwährungsrisiken vor. EU-Bürger aus Nicht-Euro-Staaten können in Deutschland zwar einen Kredit in Euro aufnehmen. Verändert sich der Wechselkurs jedoch um mehr als 20 Prozent, sind Banken verpflichtet, den Kredit in die jeweilige Heimatwährung umzuwandeln. Durch diese Vorgaben sind Banken bei Kreditentscheidungen für diese EU-Bürger restriktiv und lehnen die Kreditgesuche ab.
Wie wirkt sich die Richtlinie auf Kreditvermittler aus?
Kreditvermittler benötigen durch die Wohnimmobilienkreditrichtlinie eine Erlaubnis für ihre Tätigkeit. Sie brauchen einen Sachkundenachweis ebenso wie geordnete Vermögensverhältnisse und eine Berufshaftpflichtversicherung. Weitere Voraussetzung: Sie müssen ihre Tätigkeit in Deutschland ausüben. Anders sieht es bei Kreditinstituten aus. Da sie dem Kreditwesengesetz unterliegen, benötigen sie keine separate Erlaubnis.
Hat die Wohnimmobilienkreditrichtlinie auch Einfluss auf alte Darlehensverträge?
Die Wohnimmobilienkreditrichtlinie hat keinen Einfluss auf alte
Darlehensverträge
beziehungsweise Darlehensnehmer, die einen laufenden Immobilienkredit mit Restschuldabsicherung haben. Die anfängliche Fassung des Wohnimmobilienkreditrichtlinien-Gesetzes sah jedoch vor, dass Banken die Kreditwürdigkeit ihres Kreditnehmers für die
Anschlussfinanzierung
noch einmal neu prüft. Dies hätte – bei negativem Ergebnis – dazu
führen können, dass der Kreditnehmer die Anschlussfinanzierung nicht erhalten hätte. Mit der neuen Fassung ist eine erneute Prüfung jedoch nur notwendig, falls der Netto-Darlehensbetrag mehr als zehn Prozent steigt.
Was hat sich bei der Wohnimmobilienkreditrichtlinie inzwischen geändert?
Um die Kreditaufnahme vor allem für junge Familien und Ältere zu erleichtern, hat die Bundesregierung 2017 beim Gesetzestext zur Wohnimmobilienkreditrichtlinie nachgebessert. Seit dem gilt:
Anders als bisher dient der Immobilienwert als ein Hauptkriterium, um die Kreditwürdigkeit eines Verbrauchers in Hinblick auf die Kreditvergabe einzuschätzen.
Für Kredite, die ausschließlich für den Umbau oder die Sanierung einer Immobilie aufgenommen werden, ist der Immobilienwert das einzige Kriterium bei der Kreditprüfung. Voraussetzung ist jedoch, dass der Immobilienwert nach den Maßnahmen über deren Kosten liegt.
Ist die
Sollzinsbindung
abgelaufen, muss die Bonität des Kreditnehmers bei der Aufnahme einer Anschlussfinanzierung nicht erneut geprüft werden.
Wohnimmobilienkreditrichtlinie – FAQ