Zwangsräumungen: Ein Leitfaden für Vermieter und Mieter

Zwangsräumungen: Ein Leitfaden für Vermieter und Mieter

Es kommt gar nicht so selten vor, dass ein Mieter seine Wohnung nicht räumt, obwohl er dazu verpflichtet ist. In diesem Fall ist die Zwangsräumung das letzte Mittel der Wahl. Alleine im Jahr 2022 wurden in Deutschland über 27.000 Wohnungen zwangsgeräumt, im Jahr davor waren es mehr als 29.000 gewesen. In diesem Beitrag haben wir für Sie alles Wissenswerte zum Thema „Zwangsräumungen“ zusammengestellt - unabhängig davon, ob Sie als Mieter selbst betroffen sind oder als Vermieter eine Räumung veranlassen wollen.

Inhaltsverzeichnis

  1. Was ist eine Zwangsräumung?

  2. Welche Voraussetzungen gelten für die Zwangsräumung?

  3. Wie wird die Zwangsräumung durchgeführt? ➤ Beispiel

  4. Welche Kosten entstehen bei der Zwangsräumung und wer trägt sie?

  5. Berliner, Frankfurter, Hamburger Räumung - was versteht man darunter?

  6. Wie kann ich mich als Mieter gegen eine Zwangsräumung wehren?

  7. Darf man als Vermieter auch selbst räumen?

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1. Was ist eine Zwangsräumung?

Was ist eine Zwangsräumung?

Die Zwangsräumung ist eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme und wird eingesetzt, wenn ein Mieter trotz Beendigung des Mietverhältnisses und erfolgreicher Räumungsklage die Wohnung nicht räumt. Meist wurde zuvor der Mietvertrag wegen nicht geleisteter Mietzahlungen gekündigt. Auch im Zusammenhang mit Hausbesetzungen wird zwangsgeräumt. Ein weiterer Anlass sind geplante Immobilienverwertungen im Zusammenhang mit notleidenden, grundpfandrechtlich besicherten Krediten, wenn der Hausbesitzer als Darlehensnehmer die Immobilie nicht freiwillig räumt.

„Bundesweit sind im Jahr 2022 den Angaben zufolge mehr als 27.319 Wohnungen zwangsweise geräumt worden. “

2. Welche Voraussetzungen gelten für die Zwangsräumung?

Eine Zwangsräumung setzt immer einen Räumungstitel voraus. Dieser muss in einem Räumungsprozess erwirkt werden, dem wiederum eine Räumungsklage vorausgeht. Die Klage hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn ein triftiger Räumungsanlass besteht. Bei Mietverträgen muss das Mietverhältnis zuvor ordnungsgemäß beendet worden sein und der Mieter muss die Wohnung innerhalb der vorgesehenen Frist nicht geräumt haben.

Wie wird die Zwangsräumung durchgeführt?

In der Regel liegt bei Zwangsräumungen eine Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter zugrunde. Das Mietrecht knüpft die Kündigung durch den Vermieter allerdings an Bedingungen: Es muss ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses bestehen. Berechtigte Gründe können Eigenbedarf, - mit Einschränkungen - angemessene wirtschaftliche Verwertungsinteressen oder gravierende Vertragsverletzungen durch den Mieter sein. Eine fristlose Kündigung ist nur aus wichtigem Grund möglich. Ein wichtiger Grund ist u. a. ein zweimaliger Mietverzug in Folge oder ein Mietrückstand in Höhe von mindestens zwei Monatsmieten. Auch wenn der Mieter seine Sorgfaltspflichten beim Gebrauch der Mietsache verletzt, kann - nach Abmahnung - eine fristlose Kündigung erfolgen.

Selbst bei einer fristlosen Kündigung muss dem Mieter eine angemessene Frist zur Räumung der Wohnung eingeräumt werden. Diese beträgt üblicherweise zwei Wochen. Bei ordentlichen Kündigungen ist der späteste Zeitpunkt der Räumung der Zeitpunkt, zu dem das Mietverhältnis endet. Dies kann je nach geltenden Kündigungsfristen deutlich nach dem Zeitpunkt der Kündigung liegen.

3. Wie wird die Zwangsräumung durchgeführt?

Schritt

Beschreibung

Kündigung aussprechen:

Zuerst muss der Vermieter dem Mieter kündigen. Dies sollte schriftlich erfolgen und die Gründe für die Kündigung klar darlegen.

Räumungsklage einreichen:

Wenn der Mieter nach der Kündigung nicht freiwillig auszieht, kann der Vermieter beim zuständigen Amtsgericht eine Räumungsklage einreichen.

Vollstreckungstitel erwirken:

Nach einem erfolgreichen Gerichtsverfahren erhält der Vermieter einen Vollstreckungstitel. Dieser ist die Voraussetzung dafür, dass die Zwangsräumung durch einen Gerichtsvollzieher durchgeführt werden kann.

Beauftragung des Gerichtsvollziehers:

Mit dem Vollstreckungstitel kann der Vermieter den Gerichtsvollzieher beauftragen, die Räumung durchzuführen.

Vorbereitung auf die Räumung:

Der Vermieter sollte sich auf die Räumung vorbereiten, indem er gegebenenfalls eine Räumungsfirma beauftragt und sich um die Entsorgung von zurückgelassenen Gegenständen kümmert.

Durchführung der Räumung:

Am Tag der Räumung sollte der Vermieter vor Ort sein, um sicherzustellen, dass alles reibungslos verläuft.

Nachbereitung:

Nach der Räumung sollte der Vermieter die Immobilie überprüfen und eventuelle Schäden dokumentieren. Gegebenenfalls muss er auch die Schließanlage ändern.

Kosten und Gebühren:

Der Vermieter muss sich bewusst sein, dass mit der Zwangsräumung Kosten verbunden sind, einschließlich Gerichtskosten, Kosten für den Gerichtsvollzieher und gegebenenfalls Kosten für eine Räumungsfirma.

Rechtliche Beratung:

Es ist ratsam, dass der Vermieter sich während des gesamten Prozesses rechtlich beraten lässt, um sicherzustellen, dass alle Schritte korrekt und gesetzeskonform ablaufen.

Beispiel für eine Zwangsräumung

Ausgangssituation: Herr Müller, der Eigentümer einer Wohnung in Berlin, hat seinem Mieter, Herrn Schmidt, gekündigt, da dieser seit mehreren Monaten keine Miete mehr bezahlt hat. Trotz der Kündigung und einer gerichtlich erwirkten Räumungsklage verlässt Herr Schmidt die Wohnung nicht. Daraufhin sieht sich Herr Müller gezwungen, eine Zwangsräumung zu beantragen.

  • Herr Müller erwirkt zunächst einen Räumungstitel beim Gericht. Dies ist die Voraussetzung für die Zwangsräumung.

  • Mit dem Räumungstitel beauftragt Herr Müller einen Gerichtsvollzieher, die Räumung durchzuführen.

  • Der Gerichtsvollzieher setzt Herrn Schmidt eine letzte Frist zur freiwilligen Räumung, üblicherweise drei Wochen.

  • Nach Fristablauf erscheint der Gerichtsvollzieher mit einem Schlüsseldienst und ggf. der Polizei, um die Wohnung zwangsweise zu räumen.

  • Die beweglichen Gegenstände aus der Wohnung werden durch eine Umzugsspedition entfernt und eingelagert.

  • Das Wohnungsschloss wird ausgetauscht, um einen erneuten Zutritt von Herrn Schmidt zu verhindern.

4. Welche Kosten entstehen bei der Zwangsräumung und wer trägt sie?

Kostenart

Beschreibung

Wer trägt die Kosten?

Gerichts- und Verfahrenskosten

Kosten, die im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens anfallen

Vermieter in Vorleistung

Gerichtsvollzieher

Gebühren für die Durchführung der Zwangsräumung durch den Gerichtsvollzieher (etwa 100 bis 300 €)

Vermieter in Vorleistung

Spedition

Kosten für die Beauftragung einer Spedition zur Durchführung der Räumung (oft 500 bis 2000 €)

Vermieter in Vorleistung

Lagerung

Kosten für die vorübergehende Lagerung des geräumten Mobiliars (ca. 50 bis 150 € pro Woche)

Vermieter in Vorleistung

Schlossaustausch und Reparatur

Kosten für den Austausch des Wohnungsschlosses und notwendige Reparaturen (ca. 100 bis 200 €)

Vermieter in Vorleistung

Renovierung

Kosten für die Renovierung der Wohnung nach der Räumung

Vermieter in Vorleistung

Rückforderung

Möglichkeit der Rückforderung der Kosten vom Mieter

Unsicher (abhängig vom Fall)

Die Kosten einer Zwangsräumung können erheblich sein und liegen in Größenordnungen von mehreren tausend Euro.

Grundsätzlich ist für diese Kosten der Mieter als Schuldner in der Pflicht. Trotzdem muss der Vermieter, der die Räumungsklage anstrengt, zunächst in Vorleistung treten.

Bei einer durchschnittlichen Dreizimmerwohnung wird mit etwa 2.000 bis 3.000 Euro Räumungskosten kalkuliert. Letztlich kommt es aber auf den konkreten Einzelfall an. Der Vermieter kann diesen Betrag zwar vom Mieter zurückfordern. Die Erfolgsaussichten sind aber vielfach gering, denn die Zwangsräumung erfolgt gerade wegen Zahlungsunfähigkeit und das verwertbare Räumungsgut reicht häufig nicht für die Kostendeckung aus.

5. Berliner, Frankfurter, Hamburger Räumung - was versteht man darunter?

Die klassische Zwangsräumung kann - wie dargestellt - für den Vermieter ziemlich teuer werden, auch wenn der räumungsunwillige Mieter eigentlich in der Pflicht ist, die Kosten zu tragen. In der Praxis haben sich daher einige - nach bekannten deutschen Großstädten benannte - Alternativmodelle entwickelt, die kostengünstigere Lösungen bieten. Drei stellen wir hier vor:

Berliner Räumung:

Dieses Modell spart vor allem Speditions- und Lagerkosten. Es bezieht sich auf das Vermieterpfandrecht (§ 562 BGB). Der Gerichtsvollzieher verlangt hier nur die Herausgabe der Wohnung - praktisch umgesetzt durch den Schlosswechsel. Die Gegenstände verbleiben in der Wohnung. Der Mieter kann die Sachen innerhalb von vier Wochen abholen. Nicht abgeholte Gegenstände darf der Vermieter im Rahmen seines Vermieterpfandrechts verwerten.

Frankfurter Räumung:

Bei diesem Räumungsmodell räumt der Vermieter selbst die Wohnung (ausnahmsweise). Er ist dabei an strenge Auflagen des Gerichtsvollziehers gebunden. Der Vermieter organisiert die Räumung und trägt die Räumungskosten. Er haftet außerdem für Schäden an den geräumten Mietsachen. Trotzdem ist dieses Modell meist günstiger als die oben dargestellte Vorschusslösung bei der klassischen Räumung.

Hamburger Räumung:

Dieses Modell läuft in zwei Phasen ab. Zunächst wird der Mieter mittels Schlosswechsel aus der Wohnung gesetzt und der Gerichtsvollzieher nimmt mit einem Spediteur die Wohnungsgegenstände auf. Der Mieter hat jetzt zwei Wochen Zeit, die Wohnung selbst zu räumen bzw. die Gegenstände vom Spediteur an seine neue Wohnadresse liefern zu lassen. Lässt er diese Frist verstreichen, führt der Spediteur die Zwangsräumung und Einlagerung durch.

6. Wie kann ich mich als Mieter gegen eine Zwangsräumung wehren?

Die beste Empfehlung lautet, es erst gar nicht zur Räumungsklage kommen zu lassen und vorher die Verständigung mit dem Vermieter zu suchen. Erfolgt die Räumungsklage zu Unrecht, sollte gegen die Klage unverzüglich Widerspruch eingelegt werden.

Wie kann ich mich als Mieter gegen eine Zwangsräumung wehren?

Während des Räumungsprozesses kann ein Antrag auf Gewährung einer Räumungsfrist gestellt werden (§ 721 ZPO). Das Gericht wird dann eine angemessene Frist festlegen. In besonderen Fällen kann ein Vollstreckungsschutz beantragt werden (§ 765a ZPO) - nämlich dann, wenn die Zwangsräumung wegen ganz besonderer Umstände eine mit den guten Sitten nicht vereinbare Härte darstellen würde.

7. Darf man als Vermieter auch selbst räumen?

Eine Zwangsräumung in Eigenregie (sogenannte „kalte“ Räumung) durchzuführen, ist keine gute Idee. Die Räumung ist originäre Aufgabe des Gerichtsvollziehers. Auch wenn der Mieter verschwunden ist oder vermisst wird, muss ein Gerichtsbeschluss vorliegen. Ansonsten wird der Vermieter dem Mieter gegenüber schadensersatzpflichtig. Sogar Schmerzensgeld kann der Mieter fordern. Nur in ganz engen Grenzen darf der Vermieter selbst tätig werden - nämlich dann, wenn sich nur noch wertloses Gerümpel in der Wohnung befindet, um das sich der Mieter nicht mehr kümmert. Dies darf entsorgt werden. Hier geht das Gesetz davon aus, dass der (Ex-)Mieter kein Interesse mehr an den Sachen besitzt und seine Rechte aufgegeben hat (herrenlose bewegliche Sache - § 959 BGB).

Zwangsräumungen - FAQ

Wann kommt es zu einer Zwangsräumung?

Eine Zwangsräumung ist eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme, die aufgrund eines Räumungstitels erfolgt, der in einem Räumungsprozess erwirkt wird. Dem geht meist die Beendigung eines Mietverhältnisses voraus, bei dem trotz rechtmäßiger Kündigung keine Räumung durch den Mieter erfolgt.

Wie läuft eine Zwangsräumung ab?

Mit einem Räumungstitel kann ein Gerichtsvollzieher mit der zwangsweisen Räumung beauftragt werden. Dieser setzt eine letzte Räumungsfrist. Verstreicht diese ungenutzt, erscheint der Gerichtsvollzieher „vor Ort“, um den Mieter aus der Wohnung zu setzen. In der Regel kümmert sich eine Umzugsspedition um die Leerräumung der Wohnung und die Einlagerung des Räumungsguts.

Was kostet eine Zwangsräumung?

Die Kosten der Räumung hängen maßgeblich vom Streitwert des Verfahrens bzw. von der Größe der zu räumenden Wohnung ab. Sie belaufen sich üblicherweise auf mehrere tausend Euro. Der die Räumungsklage anstrengende Vermieter muss in Vorleistung gehen, zahlungspflichtig (aber oft nicht -fähig) ist letztlich der Mieter.

 Was kann ich als Mieter gegen eine drohende Zwangsräumung tun?

Zunächst Widerspruch einlegen, wenn die Räumungsklage zu Unrecht erfolgt. Um Zeit zu gewinnen, kann während des Räumungsprozesses die Gewährung einer angemessenen Räumungsfrist beantragt werden. In besonderen Fällen ist ein Vollstreckungsschutz möglich.

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